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Einsatzbericht einer Freiwilligen, BSiO


In einer kalten Winternacht

In einer kalten Winternacht bin ich mit dem Auto unterwegs zu meinem Einsatz. Ich werde Frau Manser (Name geändert) begleiten. Sie bewohnt mit Ihrem Ehemann ein Einfamilienhaus im Oberaargau. Seit Wochen sorgt Herr Manser zusammen mit dem Spezial Team (Palliative Onkologie) der Spitex Oberaargau AG für seine schwerkranke Gattin. Diese Aufgabe hat ihn erschöpft. Er möchte wieder einmal eine Nacht ohne Unterbrechung schlafen und Kraft schöpfen. So kam es zu meinem Nachteinsatz beim Ehepaar Manser.

Draussen ist es bereits dunkel und es regnet, begreiflicherweise ist es nicht leicht die richtige Hausnummer zu finden. Endlich bin ich bei der richtigen Adresse angekommen. Auf mein Klingeln öffnet mir der betagte Ehemann, ich werde bereits erwartet und freundlich empfangen. Er begleitet mich ins Zimmer zu seiner Frau, sie liegt im Ehebett und wirkt auf mich klein und etwas verloren in diesem grossen Bett. Auf dem Nachttisch brennt eine Kerze. Ich begrüsse Sie und stelle mich und meine Funktion vor. Frau Manser liegt friedlich auf dem Rücken, ihr Blick ist zur Decke gerichtet und bleibt auch so als ich sie anspreche und an der Hand berühre. Ich weiss nicht ob sie mich bewusst wahrnimmt. Im gleichen Zimmer steht mir ein Bett zur Verfügung wo ich mich bei Bedarf hinlegen kann.

Herr Manser wirkt auf mich angespannt, er setzt sich zu mir und wir kommen ins Gespräch. Er erzählt mir aus dem gemeinsamen, erlebnisreichen Leben mit seiner Frau und den Kindern. Er ist sich bewusst, dass das nun zu Ende gehen wird und er ist sehr traurig darüber. Gleichzeitig ist er überzeugt, dass seine Ehefrau auf irgendeine Art immer bei ihm bleiben wird. Er kann sich kaum von ihr lösen um ins Bett zu gehen. Wir kommen überein, dass ich ihn sofort holen werde sollte sich bei seiner Frau eine Veränderung einstellen. So kann ich ihn endlich zur Einsicht bringen schlafen zu gehen. Nun kann ich mich Frau Manser widmen. Ihre Atmung ist sehr flach, sie atmet durch den geöffneten Mund, ihr Brustkorb hebt sich ruhig auf und ab. Ich lege mich auf das für mich bereitgestellte Bett und wache über Sie. Beim Morgengrauen werden Ihre Atemzüge unregelmässiger und es entwickeln sich längere Pausen zwischen den einzelnen Atemzügen bis diese aufhören. Ich bin tief berührt und bewegt von diesem Ereignis. Wie abgesprochen wecke ich den Ehemann und informiere ihn behutsam, dass seine Frau soeben gestorben ist. Er ist erschüttert und weint, gemeinsam bleiben wir am Bett sitzen bis die Pflegefachfrau des Spezial Teams Palliative Onkologie der Spitex Oberaargau AG kommt.

Nachdem die von Herrn Manser informierten Angehörigen eingetroffen sind und ich ihn gut umsorgt zurücklassen kann mache ich mich auf den Heimweg.

Draussen hat der Regen aufgehört und am Horizont geht die Sonne in den schönsten Farben auf. Beeindruckt und erfüllt von diesem für mich bereichernden Einsatz fahre ich der Sonne entgegen, nach Hause.

 

(Ursula Wagner, Freiwillige BSiO)